Eine der ersten Erfahrungen, die jeder Modellflug-Pilot macht, ist unsere Abhängigkeit vom Wetter. Die Sonne liefert für Segelflieger Thermik, oder indirekt Wind am Hang. Niederschläge sind für die meisten Modelle so schädlich, dass sie eine Unterbrechung oder sogar den Abbruch eines Flugtags bedeuten.
Gerade leichtgewichtige Modelle sind außerdem sehr anfällig gegen Wind. Je leichter, desto schneller werden sie von der kleinsten Brise über Grund versetzt. Wir lernen das schon in der ersten Flugstunde: Starte und lande gegen den Wind. Rückenwind und Seitenwind sind unerwünscht bis gefährlich.
Seitenwind ist für mich vor Allem: Spaß!
Seitenwind macht den Flugtag interessanter, weil er eine zusätzliche Herausforderung an mein fliegerisches Können darstellt. Und er lässt keine Langeweile aufkommen, weil kein Tag wie der andere ist. Wie man Seitenwind erkennt und beim Fliegen berücksichtigt und nutzt, möchte ich heute kurz umreißen.
Was ist Seitenwind?
Seitenwind hat man immer in Bezug auf die Flugrichtung. Der Wind versetzt das Flugzeug zur Seite, es überfliegt einen anderen Teil des Bodens, als geplant war. Gleichzeitig wirkt das Leitwerk des Flugzeugs wie eine Wetterfahne und dreht die Nase des Fliegers in den Wind.
Seitenwind kann außerdem stetig, oder in Böen auftreten. Letztere sind besonders gefährlich bei Start und Landung, wo nur wenig Raum für Fehler ist. Start und Landung werden auf Modellflugplätzen grundsätzlich gegen den Wind geflogen, so weit das möglich ist. Wenn der Platz eine gemähte Wiese ist, geht das relativ einfach: man fliegt von der windabgewandten Seite die Wiese an und landet mit Gegenwind. Will man aber eine fest installierte Piste anfliegen, kann man einen Seitenwind-Anteil oder sogar vollen Seitenwind haben. Wenn dann kurz vor dem Aufsetzen eine seitliche Böe ins Leitwerk greift, kann es sehr unangenehm werden.
Woran erkenne ich Seitenwind?
Erstmal könnte man denken: „Blöde Frage, dafür hab‘ ich eine Wetter-App“. Stimmt, aber die liefert meistens nur die Daten der nächstgelegenen Wetter-Station. Fürs Modellfliegen brauchen wir die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort und zwar jederzeit, nicht nur beim Blick auf den Bildschirm zwischen zwei Flügen.
Auf Modellflugplätzen sind Windsäcke vorgeschrieben. Sie zeigen die Windrichtung und geben einen Hinweis auf die Windstärke. Beim Fliegen auf der Wiese ist die Beobachtung der Umgebung hilfreich: Hohes Gras, Zweige und Rauchfahnen aus Schornsteinen helfen beim Einschätzen. Der berühmte befeuchtete Finger liefert auch gute Hinweise. Oder man ist richtig gut ausgestattet und hat seinen eigenen, mobilen Windsack dabei.
Als Modellflieger ist man gut beraten, sich einen Blick für die unmittelbare Umgebung anzueignen. Ich suche mir bewusst einen guten Windanzeiger aus, zu dem ich regelmäßig hinüberblicke. Meist sind das Schilfgräser, die äußerst sensibel auf Wind reagieren. Im Idealfall hat man zwei oder drei solche Punkte und man checkt jeweils den Windanzeiger, der sich vom Flugzeug aus betrachtet im Luv befindet, denn so hat man mehrere Sekunden Vorwarnzeit, bevor eine Änderung von Windstärke oder -richtung beim Modell ankommt.
Was mache ich mit Seitenwind?
Ein Modellflieger sollte sein Flugzeug gut beherrschen. Dazu gehört zum Beispiel, dass man gezielt und wiederholungssicher eine Kasten-Figur über vier markanten Geländepunkten abfliegen kann. Wind sorgt dafür, dass man auf jeder Seite des Kastens ein anderes Flugverhalten hat: Rückenwind, Gegenwind, Seitenwind. Rücken- und Gegenwind machen das Flugzeug schneller bzw. langsamer über Grund. Seitenwind bringt es vom Kurs ab. Wenn der Wind dann auch noch im Winkel zum geflogenen Kasten bläst, wird es richtig herausfordernd.
Bei der Landung ist Seitenwind äußerst anspruchsvoll, besonders wenn er nicht stetig bläst. Da das aber ein Kapitel für sich ist, werde ich es hier ausklammern.
Wie gleiche ich Seitenwind im Flug aus?
Wie schon gesagt sorgt Seitenwind für Versatz über Grund in Windrichtung, während gleichzeitig die Nase des Flugzeugs in den Wind gedreht wird. Es hängt vom Flugzeug ab, welcher Effekt sich stärker auswirkt, aber in beiden Fällen wird mit dem Seitenruder kompensiert.
Wird man über Grund versetzt, gibt man Seitenruder in den Wind hinein: Wind von links, Flugzeug driftet nach rechts, Seitenruder nach links.
Wird die Nase in den Wind gedreht, gibt man Seitenruder vom Wind weg: Wind von links, Leitwerk wird nach rechts gedrückt, Nase dreht nach links, Seitenruder nach rechts.
Wie viel ist genug? Das erkennt man am Anfang am besten, wenn man das Flugzeug gerade von sich weg oder auf sich zu fliegen lässt. Dabei beobachtet man das Flugzeug gegen die dahinter liegende Landschaft: Wenn das Flugzeug gegen die Landschaft zur Seite driftet, hat man den Seitenwind nicht richtig ausgeglichen. Das Flugzeug weist dabei, abhängig von der Windstärke, mit der Nase zur Seite.
Indem man wiederholt ab- und wieder anfliegt und dabei den Seitenwind über das Seitenruder ausgleicht, erarbeitet man sich schnell ein Gefühl für die nötigen Ruderausschläge. Man kann dann beginnen, das Flugzeug seitlich versetzt zur eigenen Sichtlinie zu fliegen, wie zum Beispiel bei einer Platzrunde. Stück für Stück erarbeitet man sich so ein besseres Raumgefühl und lernt nebenbei auch noch, die Umgebung zur Entfernungs- und Positionsbestimmung mit zu nutzen.