Der Schiebeschlitten ist zusammengebaut, aber noch nicht präzise ausgerichtet. Hier kommt es auf Geduld und saubere Ausführung an, wie ich aus eigener, leidvoller Erfahrung sagen kann. Ich habe insgesamt sechs Versuche gebraucht, bis ich wirklich mit dem Ergebnis zufrieden war. Aber jetzt bin ich es!
Über Michael Truppes Video-Kanal „Let’s Bastel“ bin ich auf den sogeannten Fünf-Schnitte-Test aufmerksam geworden. Erfunden hat ihn offenbar William Ng, der ihn in einem Youtube-Video vorstellt und ausführlich erklärt. Truppe hat das ganze auf deutsch kurz und knapp aufgegriffen.
Das Prinzip ist simpel: Man schneidet ein Brett, das möglichst die Tiefe des Sägeschlittens hat. Der nicht ausgerichtete Schlitten wird dabei eine Abweichung vom 90°-Winkel haben. Wenn man das Brett nun dreht, so dass die gerade geschnittene Seite am vorderen Anschlag anliegt und einen weiteren Schnitt macht, wirkt dieser Fehler in den nächsten Schnitt hinein. Das Ganze macht man insgesamt vier Mal, bevor man dann eine Leiste vom Brett abschneidet. Diese Leiste zeigt dann den vierfachen Schnittfehler, den man durch die Messung der Breite oben und unten ermitteln kann.
Basierend auf der in den Videos beschriebenen Formeln erhält man einen Korrektur-Wert, um den man den vorderen Anschlag verschieben muss. Wie im vorigen Bericht schon beschrieben, ist der vordere Anschlag nur mit zwei Schrauben befestigt. Eine dient als Scharnier. Bevor man die andere löst, muss man einen Klotz am Schlittenboden festklemmen. Der dient als Basis, um den Anschlag um den errechneten Korrekturwert zu verschieben. Aber wie macht man das?
Alle Videos schlagen Fühlerlehren aus dem Automobilbereich vor. Die sind meist auf einen Zehntelmillimeter genau. Aber es geht besser: Man platziert einen Meßschieber zwischen dem Anschlag und dem Halteklotz. Muss man den Schlitten nach vorn verschieben, stellt man die genaue Korrekturdistanz am Meßschieber ein. Muss der Schlitten nach hinten, dann bleibt der Meßschieber auf Null. Nachdem man die zweite Schraube am Anschlag gelöst hat, kann man nun mit Hilfe des Meßschiebers den Korrekturwert präzise einstellen.
Klingt einfach, nicht? In der Praxis kann man viel falsch machen. Ich habe einmal die Richtung verwechselt, zweimal die Formel falsch angewendet und dann noch zwei weitere Korrekturdurchläufe gemacht, um den Schlitten möglichst präzise zu bekommen. Dementsprechend sah die Unterseite meines vorderen Anschlags am Ende recht durchlöchert aus, weil man jedes Mal eine neue Bohrung für die Halteschraube machen muss – die alte Bohrung würde den Anschlag wieder in den alten Fehler zurückziehen.
Das Resultat der letzten Justage konnte sich dann aber sehen lassen: 0,02 mm auf 200 mm Schnittlänge. Das ist ein 1/10.000 Abweichung! Kingt recht ansehnlich, aber letztlich ist der Schlitten nur so präzise wie die Summe seiner Bauteile. Und da spielen dann auch die Läufer gewaltig mit rein. Unterm Strich habe ich schon gemerkt, dass man froh sein kann, wenn man auf 20 Zentimetern Schnitttiefe weniger als ein Zehntelmillimeter daneben liegt. Nacharbeiten mit dem Hobel oder dem Schleifklotz werden durch den Schlitten nicht ersetzt.
Sobald die Ausrichtung stand, habe ich mich mit dem Arbeitsschutz befasst. Eine Abdeckung über dem Schnitt halte ich nicht für praktikabel, aber der vordere Anschlag braucht unbedingt einen Fingerschutz, damit man nicht versehentlich dort schiebt, wo das Sägeblatt aus dem Schlitten herausfährt. Der Fingerschutz besteht einfach aus zwei Klötzen aus Multiplex, die so breit sind wie die obere Leiste des vorderen Anschlags. Die werden dann direkt links und rechts der Schnittachse verleimt.
Für das wiederholgenaue Anfertigen vieler Leistenstücke habe ich mir außerdem einen Längenanschlag gebaut. Die Ausführung habe ich mir wiederum bei Let’s Bastel abgeschaut. Auf den Gehrungsschnitt habe ich verzichtet, aber die Tipps zum Rändelgriff und dem Führungsblech habe ich beherzigt.
Sobald der Längenanschlag aufgeschoben war, wurde er auch direkt zum Arbeiten eingesetzt: Ich habe dem Schlitten links und rechts des Sägetisches an der Unterseite ein paar verstärkende Querleisten spendiert, weil der Boden doch wirklich recht dünn ist und ich verhindern wollte, dass er sich verzieht. Der Anschlag eignet sich sehr gut für Materialstärken bis 2mm Dicke. Darunter bekommt man Probleme, weil die Leiste gern unter den Anschlag krabbelt. Hier kann man sich behelfen, indem man noch einen Stahlwinkel oder ein ähnlich sauber gearbeitetes Hilfsmittel dazwischen legt.
Und so sieht der Schlitten nach einer abschließenden Behandlung mit Hartwachs aus. Ich bin sehr zufrieden mit dem guten Stück und bin zuversichtlich, dass er mir gute Dienste leisten wird. Spätestens wenn es an den Bau von Waggons für die Gartenbahn geht, werde ich massenweise Leisten abzulängen haben. Außerdem kann man den Schlitten sehr gut dafür benutzen, ein schief gesägtes Brett wieder mit einer glatten Kante auszustatten, mit der man dann wieder saubere Längsschnitte machen kann.
Nächste Woche geht es dann erstmal wieder mit dem Joyrider weiter. Der Rohbau muss jetzt endlich zum Abschluss kommen.